
Timing-Strategie im Check: Wann sich investieren mit der 200-Tage-Linie lohnt
Annähernd die gleiche Rendite wie der Markt bei deutlich niedrigerem Risiko? Eine solche Anlagestrategie dürfte viele Investoren interessieren. Pascal Kielkopf zeigt, wie sie funktioniert – und erklärt, warum sie trotzdem nicht das Allheilmittel ist.
Der Kapitalmarktanalyst von HQ Trust berechnete in seiner neuen Untersuchung die Performance einer recht einfachen Timing-Strategie: Notiert der marktbreite globale Aktienindex MSCI ACWI über seiner 200-Tage-Linie, ist der Anleger investiert. Liegt das Börsenbarometer unter dieser Linie, wird das Kapital verzinst als Tagesgeld geparkt. Um die Realität besser abzubilden, berücksichtigte Pascal Kielkopf zudem auch Transaktionskosten: Bei jedem Ein- oder Ausstieg aus dem Markt fallen 0,2 % Gebühren an. Die Analyse umfasst den Zeitraum von Anfang 1973 bis August 2024.
- „Mit einer einfachen Timing-Strategie, die auf der 200-Tage-Linie beruht, ließ sich langfristig bei weniger Risiko die annähernd gleiche Rendite wie der Markt erzielen.“
- „Ein Dauerinvestor konnte mit einer Anlage in den globalen Aktienmarkt bei einer Volatilität von 15,9 % eine Performance von 7,3 % pro Jahr erzielen.“
- „Der Anleger, der nur über der 200-Tage-Linie investierte, wäre mit einem jährlichen Zuwachs von 7,1 % auf ein ähnlich gutes Ergebnis gekommen. Allerdings wäre die Volatilität mit 11,2 % signifikant niedriger ausgefallen.“
- „Am deutlichsten lässt sich der Risikounterschied am maximalen Verlust ablesen: Gemessen vom letzten Top musste der Dauerinvestor einen zeitweisen Verlust von bis zu 58 % aushalten. Der Momentum-Timer verlor hingegen maximal 30 %.“
- „Der Grund dafür ist, dass der Anleger mit der Momentum-Strategie frühzeitig ausstieg und so die großen Kursabstürze der vergangenen Jahrzehnte umschiffen konnte.“
Vor allem bei Betrachtung der relativen Performance zeigt sich, warum die Strategie dennoch ihre Tücken hat:
- „Vor allem in Phasen, in denen die Kurse seitwärts laufen und dabei häufig unter und wieder über die 200-Tage-Linie springen, hat es die Strategie schwer.“
- „Wird der 200-Tage-Schnitt oft nur kurzzeitig unterschritten, erfolgt der Wiedereinstieg teilweise sogar zu höheren Kursen. Zudem fressen die häufigen Umschichtungen die zuvor erzielte Outperformance wieder auf.“
- „In den Jahren 2022 und 2023 durchkreuzte der ACWI jeweils 17 Mal seinen 200-Tage-Schnitt. Da der Markt dabei meist nur seitwärts lief, machte das andauernde Hin und Her die sprichwörtlichen Taschen leer.“
Für welche Anlegerinnen und Anleger kommt eine solche Strategie in Frage?
- „Vor allem für Investoren mit einem sehr langen Anlagehorizont, da die Timing-Strategie viel Durchhaltevermögen erfordert.“
- „Anleger konnten die Verluste in den größeren Krisen zwar stark begrenzen, in ruhigeren Phasen blieb wegen den vielen Fehlsignalen aber Rendite liegen.“
*Bis 2000 in D-Mark, ab 2001 in Euro; für den Zeitraum vor 1987 wurde der MSCI World verwendet; unter Berücksichtigung von 0,2 % Transaktionskosten. Quelle: Datastream, HQ Trust Research.