
Haben politische Börsen wirklich kurze Beine?
Kaum ein Börsenspruch ist so beliebt wie „Politische Börsen haben kurze Beine.“ Die Idee dahinter: Politische Ereignisse können zwar kurzfristig für Turbulenzen sorgen, doch die Märkte finden rasch zurück in ihre gewohnte Spur. Doch wie belastbar ist die These eigentlich? Eine kritische Analyse von Pascal Kielkopf.
Um die Auswirkungen einer politikbezogenen wirtschaftlichen Unsicherheit zu messen, greift der Kapitalmarktanalyst von HQ Trust auf die Daten des US Economic Policy Uncertainty (EPU) Index zurück. Pascal Kielkopf identifizierte für den Zeitraum von 1950 bis heute alle Phasen, in denen der monatlich berechnete EPU-Index im jeweiligen politischen Umfeld besonders starke Ausschläge verzeichnete. Dazu zählten etwa Russland- und Finanzkrise, der Brexit und die Corona-Pandemie.
Diese Phasen stellt der Analyst den Bewegungen des US-Aktienindex S&P 500 gegenüber – sowohl in der unmittelbaren Reaktion der Märkte als auch im mittelfristigen Verlauf. Besonders im Fokus: Wie tief fallen die Aktien in Momenten politischer Unsicherheit – und wie stark erholen sie sich anschließend?
- „Kurzfristig reagieren die Börsen durchaus auf erhöhte Unsicherheiten: Im Schnitt ging der S&P 500 in solchen Phasen um 9,2 % zurück.“
- „Bemerkenswert ist, dass der Aktienindex in 17 von 18 gemessenen Phasen nachgab.“
- „Lediglich im Jahr 1998 stemmte sich der S&P 500 gegen die aufkommende Unsicherheit rund um die russische Finanzkrise.“
- „Besonders groß waren die Unsicherheit – und die Kursrückgänge – in den Jahren 1987, 2008 und 2020. Damals sorgten der Schwarze Freitag sowie die Finanz- und die Coronakrise für fallende Kurse.“
Drei Monate später zeigten sich die Börsen zumeist schon wieder deutlich besser gelaunt:
- „In der Vergangenheit hatten politische Börsen tatsächlich meist kurze Beine.“
- „Drei Monate nach einer Phase erhöhter Unsicherheit notierte der S&P 500 im Schnitt 14 % höher.“
- „Auch hier gab es Ausnahmen von der Regel: In den Jahren 2000 sowie 2008, wo gleich zwei Phasen erhöhter Unsicherheit gemessen wurden, hielt diese drei Monate später immer noch an.“
- „Besonders kräftig nach oben ging es mit den Aktienkursen dagegen in den Jahren 1991, 1998 sowie 2020.“
Was Anlegerinnen und Anleger beachten sollten:
- „Politische Ereignisse führen an den Märkten häufig nur zu kurzfristigen Verwerfungen.“
- „Rückgänge an den Börsen erhöhen dabei nicht selten den politischen Handlungsdruck, was zu stabilisierenden Maßnahmen führt – mit der Folge, dass sich die Märkte oft rasch wieder erholen.“
- „Anlegerinnen und Anleger sollten in solchen Phasen besonnen agieren: Wer panisch verkauft, realisiert oft Verluste und verpasst die Erholung.“
- „Im Gegenteil haben sich Rücksetzer im Umfeld politischer Krisen sogar meist als günstige Gelegenheiten für Zukäufe oder das Aufstocken bestehender Positionen erwiesen.“
Quelle: policyuncertainty.com, LSEG, HQ Trust Research.