30. Oktober 202511 Minutes

„Unabhängigkeit ist unser größtes Kapital“

Ein Interview mit Dr. Timo Klett und Martin Möller über die Herausforderungen institutioneller Anleger. Die beiden Co-Leiter des Geschäftsbereichs Institutional sprechen über neue Anforderungen, alte Gewissheiten, die nicht mehr gelten – und warum echte Interessenskonfliktfreiheit selten ist.

Herr Dr. Klett, Herr Möller, wenn ein Geschäftsführer einer Altersvorsorgeeinrichtung heute zu Ihnen kommt – was ist sein drängendstes Problem?

Timo Klett: Die Komplexität. Das klingt abstrakt, aber dahinter steckt eine ganze Kaskade von Herausforderungen. Die regulatorischen Anforderungen werden nicht einfacher, die Märkte auch nicht. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der Gremien an Transparenz und Performance. Viele institutionelle Anleger fragen sich: Wie sollen wir das noch alles stemmen?

Martin Möller: Hinzu kommt, dass alte Gewissheiten nicht mehr gelten. Auch institutionelle Anleger müssen umdenken, und das in einem Umfeld hoher Volatilität und geopolitischer Unsicherheit.

Was meinen Sie damit konkret?

Möller: Nehmen Sie das Zinsumfeld. Nach Jahren extrem niedriger Zinsen sind die Renditen zwar wieder gestiegen, aber die Unsicherheit bleibt hoch. Hinzu kommt, dass die negative Korrelation zwischen Aktien und Staatsanleihen – also die Idee, dass Anleihen steigen, wenn Aktien fallen – bereits seit einigen Jahren ausgedient hat. Das bedeutet: Mit den klassischen drei Anlageklassen Aktien, Anleihen und Cash kommen Sie nicht mehr weit, wenn Sie wirklich diversifizieren wollen.

Klett: Genau hier setzen wir an. Wir entwickeln mit unseren Mandanten langfristige Strategien, indem wir Kapitalmarkt- und Verpflichtungsszenarien analysieren. Wir schauen uns also beide Seiten der Bilanz in einer integrierten Analyse (Asset-Liability-Management, kurz ALM) an: Was haben Sie an Vermögen, und welche Verpflichtungen kommen auf Sie zu? Bei Altersversorgern lassen sich die langfristigen Zahlungsverpflichtungen recht gut vorhersagen.

Das klingt nach klassischer Beratung. Was macht HQ Trust anders als die Wettbewerber?

Klett: Der entscheidende Unterschied: Wir sind Komplettdienstleister für die Strategieberatung – und agieren dabei vollkommen unabhängig. Wir bieten im Bereich unserer institutionellen Mandate keine Vermögensverwaltung an. Das ist ein bewusster Verzicht, denn damit schaffen wir Interessenskonfliktfreiheit.

Möller: Viele unserer Wettbewerber verdienen ihr Geld mit Performance-Fees. Manche bekommen sogar Zahlungen von Asset Managern, die sie ihren Kunden empfehlen. Das sind unseres Erachtens strukturelle Interessenskonflikte, weshalb wir auf Honorarbasis arbeiten.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell denn dann aus?

Klett: Wir werden von unseren Mandanten für unsere Beratungsleistung bezahlt – Punkt. Keine versteckten Rückvergütungen, keine Performance-Fees. Das ist in unserer Branche tatsächlich selten.

Warum ist diese Unabhängigkeit gerade bei institutionellen Anlegern so wichtig?

Möller: Weil nur die Unabhängigkeit eine wirklich interessenskonfliktfreie Beratung ermöglicht. Pensionskassen oder Versorgungswerke tragen eine enorme Verantwortung. Ihre Gremien benötigen einen verlässlichen Partner, dessen Empfehlungen ihnen eine objektive Entscheidungsgrundlage bietet.

Klett: Es muss nachvollziehbar sein, wie Anlageentscheidungen zustande kommen. Wenn da auch nur der Hauch eines Interessenskonflikts im Raum steht, wird es schwierig.

Lassen Sie uns über Ihre Dienstleistungen sprechen. Was passiert nach der Erstellung der ALM-Studie?

Klett: Das zentrale Ergebnis der ALM-Studie ist die Empfehlung für eine strategische Asset Allokation (SAA). Das ist der langfristige Plan: Welche Anlageklassen, in welcher Gewichtung, mit welchem Risikoprofil? Aber – und das ist entscheidend – wir lassen unsere Mandanten nicht allein mit einem schönen Strategiepapier. Wir begleiten die gesamte Umsetzung und erarbeiten praxisorientierte Lösungsansätze.

Möller: Das reicht von der Jahresplanung über Mittelverwendungspläne bis zur Auswahl der Asset Manager oder der Auswahl von Investitionsvehikeln. Wir strukturieren die Anlageklassen, kümmern uns um die laufende Überwachung. Und wir unterstützen bei der taktischen Steuerung – also den kurzfristigen Anpassungen, wenn sich Marktchancen ergeben.

Sie erwähnten die Managerauswahl. Wie gehen Sie dabei vor?

Möller: Das ist ein mehrstufiger Prozess. Wir screenen den Markt, analysieren Track Records, führen ausführliche Due-Diligence-Prüfungen durch. Entscheidend ist: Wir haben keine wirtschaftliche Verbindung zu den Managern, die wir empfehlen.

Alternative Investments sind auch ein Schwerpunkt Ihrer Beratung. Warum?

Klett: Weil sie in der heutigen Marktlage von großer Bedeutung sind. Private Equity, Private Debt, Infrastruktur – diese Anlageklassen bieten Renditechancen und Diversifikationseffekte, die man mit den klassischen Assets nicht erreicht. Gleichzeitig sind sie komplex und illiquide. Genau deshalb braucht man einen erfahrenen Partner.

Möller: Alternative Investments sind nicht für jeden geeignet. Man muss bereit sein, Kapital langfristig zu binden. Aber wenn man es richtig macht, zahlt sich das aus. Die Illiquiditätsprämie ist real. Und gerade in Zeiten hoher Inflation können etwa Infrastruktur-Investments mit ihren inflationsindexierten Verträgen einen echten Schutz bieten.

Wie viel sollte ein institutioneller Anleger in Alternative Investments investieren?

Klett: Das ist höchst individuell und hängt von vielen Faktoren ab: Größe des Vermögens, Liquiditätsbedarf, Risikotragfähigkeit und -bereitschaft, aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen. Eine typische Empfehlung könnte etwa 10 bis 20 Prozent des Portfolios umfassen, aufgeteilt auf verschiedene Substrategien.

Möller: Wichtig ist: Man sollte innerhalb der alternativen Anlageklassen breit streuen. Bei Private Debt setzen wir zum Beispiel meist auf besicherte Kredite als Kern des Portfolios. Bei Private Equity sind Buyout-Strategien in der Regel besser geeignet als Venture Capital, wenn es um stabile, planbare Renditen geht.

Stichwort Risikomanagement. Wie behalten Sie bei so komplexen Portfolios den Überblick?

Möller: Risikomanagement ist bei uns keine nachgelagerte Kontrollfunktion, sondern integraler Bestandteil der Beratung. Wir konzipieren Risikomanagementsysteme, die zu unseren Mandanten passen, und setzen sie dann praktisch um: Risikobudgetierung, Risikoberichte, Risikoampeln.

Klett: Gerade bei illiquiden Anlageklassen kann die fehlende tägliche Bewertung auch Vorteile haben – etwa bei der Bilanzierung. Aber natürlich muss man umso genauer jede einzelne Investition im Vorfeld tiefgehend prüfen. Zudem ist ein adäquates Controlling zur Schaffung von Transparenz unverzichtbar.

Wie sieht so ein Controlling konkret aus?

Klett: Wir liefern Quartalsreports, die nicht nur Zahlen präsentieren, sondern diese auch einordnen. Wir begleiten Anlageausschusssitzungen, bereiten die Kommunikation mit Gremien und Aufsicht vor. Gerade bei neuen Anlageklassen ist adressatengerechtes Reporting entscheidend.

Möller: Und wir sind kein Blackbox-Berater. Transparenz ist für uns zentral. Unsere Mandanten sollen jederzeit verstehen, warum wir eine bestimmte Empfehlung aussprechen, wo die Risiken liegen, wo die Chancen.

Sie sprachen mehrfach von regulatorischen Anforderungen. Wie haben sich diese verändert?

Möller: Die Anforderungen sind in den letzten Jahren massiv gestiegen. Von Nachhaltigkeitsberichterstattung bis zu Stresstests – die To-do-Liste wird länger. Für kleinere Institutionen ist das kaum noch zu stemmen ohne externe Unterstützung.

Klett: Deshalb gehört auch das zu unseren Leistungen. Wir entwickeln Nachhaltigkeitsstrategien und begleiten deren Implementierung. Wir kennen die regulatorischen Vorgaben und Leitlinien – und wissen, wie man sie in die Praxis übersetzt.

Stichwort Nachhaltigkeit: Ist das für institutionelle Anleger Pflicht oder Kür?

Klett: Beides. Rechtlich gibt es klare Offenlegungspflichten. Aber darüber hinaus ist Nachhaltigkeit für viele institutionelle Anleger auch eine Frage der Überzeugung und der Reputation. Versorgungswerke oder Stiftungen haben oft ein ausgeprägtes Wertebewusstsein.

Möller: Gleichzeitig darf Nachhaltigkeit kein Feigenblatt sein. Es geht um substanzielle Integration in die Anlagestrategie. Und da zeigt sich wieder: Man braucht Partner, die das wirklich können – nicht nur auf dem Papier.

Wenn Sie auf die vergangenen Jahre zurückblicken: Was waren die größten Veränderungen im Markt für institutionelle Beratung?

Möller: Die Professionalisierung. Vor zehn Jahren haben viele institutionelle Anleger lediglich in die traditionellen Anlageklassen investiert. Heute ist das Anspruchsniveau deutlich höher. Gleichzeitig ist die Bereitschaft gestiegen, externe Expertise einzukaufen.

Klett: Und die Erkenntnis, dass Unabhängigkeit etwas wert ist. Früher wurden Berater oft danach ausgewählt, wer die niedrigste Gebühr bietet. Heute fragen Anleger zunehmend: Womit verdient der Berater eigentlich sein Geld? Steht er auf meiner Seite oder auf der Seite der Produktanbieter?

Blick nach vorne: Welche Themen werden institutionelle Anleger in den kommenden Jahren beschäftigen?

Klett: Die exorbitante Staatsverschuldung und der Umgang mit US-Dollar-Investments.

Möller: Und die Zinspolitik bleibt spannend. Wir haben aktuell wieder ein auskömmliches Niveau, aber die langfristigen Trends sind unklar. Institutionelle Anleger müssen flexibel bleiben und ihre Strategien kontinuierlich anpassen können.

Was wünschen Sie sich von Ihren Mandanten?

Möller: Offenheit. Strategieentwicklung funktioniert nur im engen Dialog. Wir müssen die spezifischen Rahmenbedingungen, Ziele und auch Sorgen unserer Mandanten verstehen. Je transparenter die Kommunikation, desto besser die Beratung.

Klett: Und Geduld. Alternative Investments sind mit langfristigen Kapitalzusagen (Commitments) verbunden. Man kann nicht nach zwei Jahren entscheiden, dass Private Equity doch nichts für einen ist. Strategische Asset-Allokation heißt: durchhalten, auch wenn es mal volatil wird.

Bitte beachten Sie: Die Vermögensanlage an den Kapitalmärkten ist mit Risiken verbunden und kann im Extremfall zum Verlust des gesamten eingesetzten Kapitals führen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die Wertentwicklung in der Zukunft. Auch Prognosen haben keine verlässliche Aussagekraft für künftige Wertentwicklungen. Die Darstellung ist keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Alle Inhalte auf unserer Webseite dienen lediglich der Information. 

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