Zinswende, Inflation, Krieg – viele Anlageklassen leiden unter den aktuellen Rahmendaten. Ob das im Bereich Infrastruktur auch der Fall ist, erklärt Kristina Chorna, Leiterin Infrastruktur bei HQ Trust.

Steigende Zinsen, hohe Inflation, anhaltende Ukrainekrise … und dann auch noch Probleme mit den Lieferketten. Es gab schon bessere Zeiten für Infrastruktur-Investments, oder Frau Chorna?

Das sehe ich anders. Im Vergleich zu anderen Märkten haben die aktuellen Entwicklungen unserer Meinung nach in Summe sogar einen leicht positiven Einfluss auf den Infrastrukturmarkt. Aber lassen Sie uns die vier Bereiche, die Sie angesprochen haben, doch nacheinander durchgehen.

Sehr gerne. Dann fangen wir angesichts der jüngsten Entscheidungen der Zentralbanken mit den Zinsen an: Welche Auswirkung hat ein höheres Zinsumfeld?

(lacht) Da haben Sie gleich das einzig Negative herausgepickt. Klar ist: Da Infrastrukturinvestitionen sehr kapitalintensiv sind, wird oft viel Fremdkapital bei der Investition eingesetzt.

Die steigenden Zinsen haben daher grundsätzlich negative Folgen für den Bereich?

Ja, aber Sie sollten nicht vergessen, dass auch die Erträge sehr gut planbar sind und dass viele Infrastrukturprojekte eine Monopol- oder Oligopolstellung haben. Das bringt eine gewisse Preissetzungsmacht mit sich: Ein Teil der höheren Zinskosten kann also an die Kunden weitergegeben werden.

Wie sieht es mit den Auswirkungen der aktuell sehr hohen Inflation auf Infrastruktur aus?

Infrastrukturinvestitionen bieten in aller Regel einen gewissen Schutz gegen die Geldentwertung. Schließlich stellen die Projekte häufig die Grundversorgung sicher – etwa in den Bereichen Wasser, Strom oder öffentlicher Verkehr. Die Verträge sind meist auf sehr lange Zeit geschlossen und zum Teil enthalten diese Verträge eine Inflationsindexierung. Die Preise steigen in diesen Fällen im Gleichschritt mit der Inflation.

Die Einnahmen sind also weitgehend unabhängig von der Marktentwicklung und der Inflation?

Für die meisten Sektoren trifft das zu. Aber es gibt auch konjunktursensitive Sektoren, die im Falle einer Rezession verlangsamtes Wachstum sehen werden. Für den Bereich sprechen aber auch die hohe Eintrittsbarrieren, die es in vielen Infrastruktursektoren gibt, etwa wegen regulatorischer Vorgaben oder einem sehr großen Kapitalbedarf.

Die hohe Inflation hat demnach eine eher positive Wirkung auf viele Infrastruktursektoren. Wie wirkt sich die Ukrainekrise auf den Bereich aus?

Das ist nicht ganz so einfach. Klar ist: Der Krieg führte unmittelbar zu höheren Energiekosten und steigenden Rohstoffpreisen. Zudem kam es zu Störungen und Verzögerungen bei den Lieferketten, was ebenfalls zu steigenden Kosten geführt und die Abhängigkeit Europas von einigen wenigen Lieferanten aufgezeigt hat.

Welche Folgen hat das für Infrastrukturinvestments?

Zunächst einmal positive Folgen für Infrastrukturunternehmen, die Energie produzieren, verkaufen oder weiterleiten. Sie profitieren von den aktuell höheren Preisen. Auf der anderen Seite stehen Unternehmen, die Energie verbrauchen – bei diesen Unternehmen sind die Kosten gestiegen. Aber die aktuelle Situation hat auch langfristige Folgen: Die steigende Nachfrage nach alternativen Energiequellen führt zu neuen Investitions-Opportunitäten in diesen Bereichen. Das sehen wir zum Beispiel in Deutschland, wo die für Windparks verfügbare Fläche erhöht werden soll.

Sie hatten gerade schon über die Lieferketten gesprochen: Welche Bedeutung haben die Unterbrechungen von Lieferketten für das Segment?

Hier geht es in eine ähnliche Richtung: Die aktuelle Lieferkettenproblematik unterstreicht die Notwendigkeit von weiteren Investitionen in die Transportinfrastruktur: Um zukünftig einen sicheren Transport von Rohstoffen, Vorprodukten und Produkten sicherzustellen, werden zusätzliche Investitionen in Logistik wie etwa Häfen oder Transport im Allgemeinen benötigt.

Dann fällt Ihr Fazit derzeit vermutlich positiv aus, oder?

Die aktuellen Entwicklungen machen den Investitionsbedarf in Infrastruktur noch deutlicher. Die Umsetzung wird viele Jahre in Anspruch nehmen und der Bedarf auch zukünftig hoch bleiben. Im Jahr 2021 wurden lediglich 12 % des benötigten Kapitals investiert im Vergleich zu dem jährlichen Bedarf an Infrastrukturinvestitionen. Langfristig sehen wir den Infrastrukturbereich, der auch schon in der Corona-Zeit seine Krisenresistenz unter Beweis stellen konnte, daher sehr gut aufgestellt.

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Kristina Chorna
Executive Partner | Co-Leiterin Immobilien und Leiterin Infrastruktur
HQ Trust
Kristina Chorna ist seit 2015 bei HQ Trust tätig und dort als Co-Leiterin Immobilien und Leiterin des Infrastrukturbereichs für die Managerselektion verantwortlich. Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit ist die Beratung privater und institutioneller Kunden beim Aufbau eines indirekten Fondsportfolios. Kristina Chorna verfügt zusätzlich über Erfahrung in den Bereichen Investment Banking, Private Equity und Private Debt. Sie studierte Internationale Wirtschaft an der Universität Uzhhorod (Ukraine) sowie Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.