Sven Lehmann, Fondsmanager des HQT Global Quality Dividend, spricht im Interview über Dividendenkürzungen in Coronazeiten, strenge Auswahlkriterien – und unterschiedliche Dividendenkulturen.

Herr Lehmann, was macht eigentlich der Fondsmanager eines Dividendenfonds, wenn keine Dividenden mehr gezahlt werden?

Einspruch! Das ist gar nicht der Fall. Aktuell werden nur einige wenige, prominente Beispiele stark hervorgehoben – etwa eine Royal Dutch Shell, die ihre Dividende ausgesetzt hat. Aber das gilt ja nicht für den breiten Markt.

Das heißt, Sie finden weiterhin ausreichend gute Dividendenzahler?

Unser Fonds, der HQT Global Quality Dividend, umfasst ja traditionell nur 22 Aktien. Das bedeutet: Bei einem Universum von 6000 Unternehmen, die wir analysieren, ist unsere Sorge hier keine attraktiven Titel zu finden, tatsächlich nicht so groß.

In wieweit wirken sich die aktuellen Dividendenkürzungen oder -ausfälle auf Ihre Aktienauswahl aus?

Einige Unternehmen haben die Zwischendividenden aufgehoben. Diese Aktien streichen wir von unserem Radar, denn wir wenden strenge Auswahlkriterien an. Unser Fonds setzt auf Stabilität. Daher finden Anleger dort auch viele Unternehmen, die es schon lange am Markt gibt und die auch schon mindestens eine größere Krise erfolgreich durchgemacht haben. Dort finden sich auch einige, die auch schon die große Depression, die im Jahr 1929 begann, überlebt haben.

Das heißt, der Fonds kauft nicht die Titel mit den höchsten Dividenden?

Nein. Die absolute Höhe der Dividende ist für uns nicht das ausschlaggebende Kriterium zur Auswahl einer Aktie. Es spricht einiges dafür, dass die Firmen das Geld lieber im Unternehmen behalten und es sinnvoll investieren. Wir achten daher auch sehr auf die Pay Out-Ratio: Wieviel ein Konzern von seinem Gewinn ausschüttet. Und wenn die Dividende nicht mit Cash Flow hinterlegt ist, gehen bei uns die Warnlampen an.

Worauf achten Sie dann?

Wir haben einen hausintern entwickelten quantitativen Investmentprozess, der viel stärker die Stabilität der Dividendenzahlung und die Qualität des Unternehmens, Dividenden über die Zeit auszahlen zu können, im Fokus hat. Hinzu kommen die Liquidität der Aktie sowie ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis. Qualitätsunternehmen werden erst zum Investment, wenn auch der Preis stimmt.

Wie hoch ist denn die Dividendenrendite des Fonds?

Aktuell liegt unsere Dividendenrendite bei 2,8 Prozent. Beim breitestmöglichen globalen Vergleichsindex MSCI All Countries World Index (MSCI ACWI) sind es mit 2,3 Prozent nicht viel weniger. Dafür sind wir bei Bewertungskennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis oder Preis-Cash-Flow deutlich günstiger. Die im Vergleich zu anderen Dividendenfonds eher niedrige Dividendenrendite liegt auch daran, dass wir traditionell relativ viele Unternehmen aus den USA und Japan im Portfolio haben, die nicht die höchsten Dividenden ausschütten.

Dort ist die Dividendenkultur auch eine andere…

Richtig. In Deutschland zahlen Firmen eine Dividende pro Jahr. In den USA beispielsweise gibt es häufiger eine vierteljährliche Dividende - also vier Zahltage pro Jahr. Das hängt auch damit zusammen, dass in anderen Staaten der Anteil der Aktionäre höher ist und diese ein regelmäßiges Einkommen aus ihren Kapitalanlagen haben möchten.

Die Anleger verlassen sich also auf die Ausschüttung?

Ja, deswegen legen viele Unternehmen auch am Jahresanfang die Höhe ihrer Dividende fest – und das Geld zur Seite. Das führt zu Disziplin, weil es nicht für andere Dinge zur Verfügung steht. Da geht es dann eher um Effizienz, wenn gespart oder investiert werden soll.
Dann gibt es in diesen Ländern vermutlich auch weniger Diskussionen darüber, dass in Corona-Zeiten die Dividenden des Vorjahres ausgezahlt werden?
Hätten 80 Prozent der Deutschen Aktien und würden sich auf Ausschüttungen verlassen, wäre die Diskussion hierzulande vermutlich anders verlaufen.

Glauben Sie, dass sich die Dividenden nach und nach wieder auf die alten Höhen zubewegen?

Es wird sicherlich viele Unternehmen geben, die sich schnell von der Krise erholen oder gar nicht so stark betroffen sind. Darunter sind viele, die ihre Dividende schon sehr lange zahlen und diese vermutlich auch nicht so schnell kürzen werden. Aber natürlich wird es auch Unternehmen geben, die sich nicht so leicht erholen. Aber das sind in aller Regel Unternehmen aus Branchen, die uns schon immer zu zyklisch waren oder die unsere Eigenkapitalanforderungen nicht erfüllt haben.

Das hört sich nach einer sehr konservativen Strategie an…

Genau! Wer von einer weiteren rasanten Aufwärtsbewegung ausgeht und kurzfristig davon profitieren möchte, ist vermutlich mit anderen Fonds besser bedient. Unser Fonds zeigt seine Stärken vor allem in schwachen Marktphasen und kann in Aufwärtsphasen weitgehend mithalten. Diese Eigenschaften haben auch dazu geführt, dass der Fonds seit Auflage zu den besten seiner Vergleichsgruppe zählte und größtenteils im 1. Quartil vergleichender Ranglisten lag. Ein zusätzlicher Aspekt ist die günstige Bewertung: Wir sind in Relation zu unserem Vergleichsindex, dem MSCI ACWI, so günstig bewertet wie noch nie.

Zum Interviewten

Sven Lehmann ist seit 2011 im Portfoliomanagement bei HQ Trust tätig und dort unter anderem für die Erstellung, Pflege und Analyse von Modellen für Volkswirtschaft und Kapitalmärkte verantwortlich. Seit 2012 managt er den Fonds HQT Global Quality Dividend. Der Diplom-Wirtschaftsmathematiker verfügt über mehr als 16 Jahre Erfahrung in der Finanz- und Versicherungswirtschaft.

Zu HQ Trust

HQ Trust ist das Multi Family Office der Familie Harald Quandt. Wir kümmern uns um das Vermögen von Privatpersonen, Familien, Stiftungen und institutionellen Anlegern. Unser Team bietet Dienstleistungen in den Bereichen Family Office, Private Vermögensverwaltung, Alternative Investments und Beratungsdienstleistungen für institutionelle Anleger.

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Sven Lehmann
Executive Partner | Kapitalmarktanalyst
HQ Trust
Sven Lehmann ist seit 2011 im Portfoliomanagement bei HQ Trust tätig und dort als Kapitalmarktanalyst unter anderem für die Erstellung, Pflege und Analyse von Modellen für Volkswirtschaft und Kapitalmärkte verantwortlich. Der Diplom-Wirtschaftsmathematiker verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Finanz- und Versicherungswirtschaft.