In einer Rede forderte US-Finanzministerin Janet Yellen einen Ausbau des sogenannten Friendshoring, dem verstärkten Handel mit befreundeten Ländern. Sven Lehmann und Dr. Michael Heise über einen Trend, bei dem sich schon jetzt erhebliche Unterschiede ergeben, wenn man den Demokratie-Score berücksichtigt.

„Friendshoring“ ist schon heute weit verbreitet. Betrachtet man den Demokratie-Score der Länder, in die exportiert wird, zeigen sich aber erhebliche Unterschiede.

Für seine neue Auswertung analysierte Sven Lehmann die Aufteilung der Exporte der G20 und großer europäischer Länder nach dem Demokratieindex der Economist Intelligence Unit. Dazu ermittelte der Kapitalmarktanalyst von HQ Trust sowohl den Demokratieindex-Score für diese 31 Länder als auch den exportgewichteten Score für jedes dieser Länder.

Dazu ein Beispiel: Auf der Skala von 1 bis 10 kommt Norwegen mit 9,8 aktuell auf den höchsten Score im Demokratieindex. Gewichtet man nun die Exporte Norwegens mit dem jeweiligen Score des Handelspartners, errechnet sich der exportgewichtete Mittelwert. Auch hier liegt Norwegen mit einem Wert von 7,8 an der Spitze.

  • „Friendshoring ist schon heute weit verbreitet. Betrachtet man den Demokratie-Score der Länder, in die exportiert wird, zeigen sich aber erhebliche Unterschiede.“
  • „Auf den höchsten eigenen Demokratie-Score und Werte von mehr als 9 kommen Norwegen, Schweden und Frankreich. Deutschland steht derzeit bei 7,1, China bei 2,2.“
  • „Schaut man darauf, in welche Länder Waren exportiert werden, finden sich ebenfalls Schweden und Norwegen an der Spitze. Dahinter folgen Belgien und Dänemark.“
  • „Auf die niedrigsten Werte unter den untersuchten 31 Nationen kommen hier Südkorea, Australien und Brasilien.“
  • „Nur bei 6 der 31 analysierten Länder liegt der eigene Score unter dem der Handelspartner. Besonders deutlich ist das bei China, Südafrika und Russland.“

Zum Thema „Friendshoring“ sagt Dr. Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust:

  • „Das Friendshoring wird den Prozess der Globalisierung in den nächsten Jahren verändern. Handel und Direktinvestitionen zwischen demokratischen und befreundeten Staaten werden zunehmen.“
  • „Dabei ist es allerdings wichtig, alles zu tun, um eine Fragmentierung der Weltwirtschaft, eine Spaltung in zwei sich gegenüberstehende Blöcke mit demokratischer und mit autokratischer Führung zu verhindern und die multilateralen Regeln unseres Systems zu verteidigen.“
  • „Das Prinzip des Multilateralismus ist nicht nur für den Handel, sondern auch für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung. Eine Fragmentierung wäre für alle Länder von Nachteil.“
  • „Es sollte auf verschiedenen Ebenen — in der G7, der G20, der UN, der WTO und anderen internationalen Institutionen — angesetzt werden, um die globale Zusammenarbeit zu fördern und das auf Regeln basierende internationale System weiterzuentwickeln.“
  • „Verbesserungen werden durch politische Verhandlungen erreicht, die unterschiedliche Interessen ausgleichen, und nicht durch Wirtschaftskriege, die zum Recht des Stärkeren führen.“

Die Übersicht unserer Chart of the Week-Veröffentlichungen finden Sie hier.

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Die Vermögensanlage an den Kapitalmärkten ist mit Risiken verbunden und kann im Extremfall zum Verlust des gesamten eingesetzten Kapitals führen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die Wertentwicklung in der Zukunft. Auch Prognosen haben keine verlässliche Aussagekraft für künftige Wertentwicklungen. Die Darstellung ist keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Alle Inhalte auf unserer Webseite dienen lediglich der Information.

Quelle: Economist Intelligence Unit , IMF, Refinitiv, eigene Berechnungen.

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Dr. Michael Heise
Chefökonom
HQ Trust
Dr. Michael Heise ist Chefökonom von HQ Trust. Er zählt zu den bekanntesten Volkswirten des deutschsprachigen Raumes. Vor seinem Start bei HQ Trust war er Leiter des Group Centers Economic Research der Allianz SE sowie Generalsekretär des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Dr. Michael Heise lehrt als Honorarprofessor an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er ist Mitglied in diversen hochrangigen Ausschüssen und des Planungsstabes des House of Finance.
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Sven Lehmann
Executive Partner | Kapitalmarktanalyst
HQ Trust
Sven Lehmann ist seit 2011 im Portfoliomanagement bei HQ Trust tätig und dort als Kapitalmarktanalyst unter anderem für die Erstellung, Pflege und Analyse von Modellen für Volkswirtschaft und Kapitalmärkte verantwortlich. Der Diplom-Wirtschaftsmathematiker verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Finanz- und Versicherungswirtschaft.