In welchen Fällen ist ein Testamentsvollstrecker sinnvoll? Welche Aufgaben und Pflichten übernimmt er? Und wie wird er ausgewählt? Alexandra Kämper, Executive Partnerin und Kundenberaterin bei HQ Trust und Ralph Haydu, Geschäftsführer der Pilgerrain Vermögenstreuhand, beantworten die wichtigsten Fragen.

Was ist ein Testamentsvollstrecker?

Ralph Haydu: Ein Testamentsvollstrecker sorgt dafür, dass der letzte Wille des Erblassers nach dessen Tod verwirklicht und umgesetzt wird. Er ist also beispielsweise dafür verantwortlich, dass der Nachlass unter den Erben ordnungsgemäß und entsprechend dem testierten Willen aufgeteilt wird. Der Testamentsvollstrecker wird vom Erblasser bestimmt und hat rechtlich eine starke Stellung. Die braucht er aber auch, da seine Aufgaben vielfältig – und sich die Erben nicht immer einig sind.

Was sind die Aufgaben und Pflichten eines Testamentsvollstreckers?

Alexandra Kämper: Zu den wichtigsten Aufgaben zählt, dass er den Nachlass des Verstorbenen in seinem Besitz nimmt und im Sinne des Erblassers über das Vermögen verfügt. Dabei handelt es sich um viele Einzelaufgaben: Unter anderem geht es darum, den Nachlass zu sichten und ein sogenanntes Nachlassverzeichnis aufzustellen. Dazu kann es auch gehören, die Silberlöffel, die Uhren und den Schmuck zu zählen – und diese Dinge vor fremdem Zugriff zu schützen. Was viele unterschätzen, ist, dass die Kapitalanlagen, wie etwa Wertpapierdepots oder auch Immobilien weiterhin ordnungsgemäß verwaltet werden müssen.

Ralph Haydu: Außerdem müssen offene Steuererklärungen erstellt, Erbschaftssteuererklärungen abgegeben und eventuell auch Schulden eingetrieben werden. Zudem müssen Steuern gezahlt werden, bevor das Erbe verteilt wird. Hierfür haftet der Testamentsvollstrecker im Übrigen auch.

Alexandra Kämper: Es geht aber nicht nur um diese eher technischen Aufgaben. Es kann während einer Testamentsvollstreckung viele Fallstricke geben. Testamentsvollstrecker sollten daher frühzeitig und umfangreich mit den Erben kommunizieren.

In welchen Fällen ist ein Testamentsvollstrecker sinnvoll?

Ralph Haydu: Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben. Beispielsweise wenn der Erbe ein Kind ist – oder eine Person, die aus anderen Gründen mit einem größeren Vermögen überfordert wäre. Ein Testamentsvollstrecker ist zudem sinnvoll, wenn der Erblasser davon ausgeht, dass sich die Erben nicht gütlich einigen werden und größere Streitigkeiten zwischen ihnen wahrscheinlich sind.

Alexandra Kämper: Ein anderer Fall kann sein, dass es keine Erben gibt und das Vermögen an verschiedene gemeinnützige Einrichtungen gehen soll. Hier kann es sinnvoll sein, jemanden zu beauftragen, der die Organisation der Vermögensverteilung übernimmt.

Wie wählt man einen Testamentsvollstrecker aus?

Alexandra Kämper: Wichtig ist, dass der Testamentsvollstrecker dem Verstorbenen loyal gegenübersteht und als Interessenvertreter dessen letzten Willen umsetzt. Häufig denkt der Erblasser hier zunächst an jemand aus seinem Bekannten- oder Familienkreis. Zum Teil sogar an Miterben, was sich als kontraproduktiv erweisen kann.

Ralph Haydu: Grundsätzlich kann jeder Testamentsvollstrecker sein. Wichtig ist aus unserer Sicht aber, dass die ausgewählte Person ein gewisses Rüstzeug mitbringt. Sie braucht fachliche Kompetenz und sollte sich mit dem Erbrecht auskennen, zudem ist ein gewisses steuerliches Knowhow und Erfahrung in der Vermögensbetreuung wichtig. Das haben Freunde oder Verwandte oft nicht. Steuerberater und Family Officer sind hier im Vorteil, Wirtschaftsprüfer oder Notare werden aber auch häufig als Testamentsvollstrecker in Erwägung gezogen. Vorteil der Erstgenannten: Diese Personen müssen sich nicht wochenlang einarbeiten und kennen in aller Regel die wichtigsten Ansprechpartner.

Alexandra Kämper: Zudem sollte der Testamentsvollstrecker auch ein gewisses Durchsetzungsvermögen gegenüber der Erbengemeinschaft mitbringen. Trotzdem ist Fingerspitzengefühl natürlich sehr wichtig: Es ist sehr wichtig, bereits frühzeitig zu versuchen, sich mit der Erbengemeinschaft konstruktiv auseinanderzusetzen: Es hilft ungemein, wenn der Testamentsvollstrecker den Erben bekannt ist und bestenfalls auch deren Vertrauen genießt.

Wie lange dauert eine Testamentsvollstreckung?

Ralph Haydu: Das hängt von vielen Faktoren ab. Unter anderem von der Komplexität des Vermögens, aber auch davon, ob die Erbengemeinschaft unterschiedliche Ziele und Interessen hat und der Testamentsvollstrecker als Mediator agieren muss. Häufig dauert die Abwicklung ein bis zwei Jahre – das gilt insbesondere für die sogenannte Abwicklungstestamentsvollstreckung.

Alexandra Kämper: Beim Gegenstück, einer Dauertestamentsvollstreckung, die beispielsweise bei minderjährigen Erben angeordnet werden kann, die das Vermögen erst mit 18 oder sogar mit 27 Jahren übernehmen sollen, kann der Zeitraum naturgemäß viel größer sein. In diesen Fällen ähnelt die Testamentsvollstreckung einer Art Family-Office-Mandat.

Welche Kosten fallen für eine Testamentsvollstreckung an?

Ralph Haydu: Denkbar ist alles: von Stundensätzen bis hin zu Prozentanteilen des verwalteten Vermögens – oder einer Kombination daraus. Etwa eine Pauschale plus Stundensätze. In gängigen Tabellen und Empfehlungen steht häufig 1 bis 3 % des Vermögens, was, je nach dessen Umfang, viel zu hoch sein kann. Es ist daher sinnvoll, bereits im Testament eine Vergütungsregelung zu treffen.

Was sollte der Erblasser noch wissen?

Alexandra Kämper: Wichtig ist natürlich, dass er überhaupt ein Testament hat. Und dass dieses Dokument regelmäßig überprüft wird. Denn die Ausgangslage kann sich komplett geändert haben. Etwa weil ein weiteres Kind auf die Welt gekommen ist. Oder weil die Unternehmensbeteiligung, bei der es auch um Nachfolgeregelungen ging, mittlerweile verkauft worden ist.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bitte beachten Sie:
Die Vermögensanlage an den Kapitalmärkten ist mit Risiken verbunden und kann im Extremfall zum Verlust des gesamten eingesetzten Kapitals führen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die Wertentwicklung in der Zukunft. Auch Prognosen haben keine verlässliche Aussagekraft für künftige Wertentwicklungen. Die Darstellung ist keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Alle Inhalte auf unserer Webseite dienen lediglich der Information.

mper_alexandra_600_600
Alexandra Kämper
Executive Partner | Kundenberaterin
HQ Trust
Alexandra Kämper ist seit 2016 an unserem Standort in Düsseldorf als Executive Partner verantwortlich für die Beratung und Betreuung von komplexen Familienvermögen. Ein Schwerpunkt ihre Tätigkeit ist die generationsübergreifende Strukturierung und Steuerung dieser Vermögen. Alexandra Kämper verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Beratung von komplexen Privat- und Firmenvermögen.
haydu_ralph_600_600
Ralph Haydu
Geschäftsführer
Pilgerrain Vermögenstreuhand
Ralph Haydu ist Geschäftsführer der Pilgerrain Vermögenstreuhand, einer inhabergeführten Beratungsgesellschaft. Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Beratung von Privatvermögen, vermögensverwaltenden Gesellschaften, Stiftungen, Investmentvermögen und Private-Equity-Fonds.
Inhaltsverzeichnis
  1. Was ist ein Testamentsvollstrecker?
  2. Was sind die Aufgaben und Pflichten eines Testamentsvollstreckers?
  3. In welchen Fällen ist ein Testamentsvollstrecker sinnvoll?
  4. Wie wählt man einen Testamentsvollstrecker aus?
  5. Wie lange dauert eine Testamentsvollstreckung?
  6. Welche Kosten fallen für eine Testamentsvollstreckung an?
  7. Was sollte der Erblasser noch wissen?