Nur Lage, Lage, Lage? Christian Langosch erklärt, worauf Investoren bei Immobilien achten sollten. Der Co-Leiter Immobilien von HQ Trust spricht im Interview über Kaufpreise und Renditen, Instandhaltungsstaus und Energieeffizienz – und den extrem wichtigen Blick in die Zukunft.

Ich bin gespannt, wie lange unser Gespräch dauert, Herr Langosch …

Warum denn das?

Wenn ich Sie fragen würde, worauf man beim Kauf einer selbstgenutzten Immobilie achten sollte, wäre das Interview vermutlich schnell beendet.

(lacht) Weil ich dann nur „Lage, Lage, Lage“ sage? Ganz so einfach ist es auch bei selbstgenutzten Immobilien nicht. Aber grundsätzlich haben Sie schon Recht. Die Lage ist extrem wichtig – und das in beiden Fällen. Aber es macht auf jeden Fall einen Unterschied, ob ich ein Objekt für meine persönlichen Bedürfnisse kaufen möchte, oder ob ich eine Immobilie suche, um eine Rendite zu erzielen.

Und das ist beim Kauf von Immobilien der Fall, die nicht selbstgenutzt werden. Gibt es hier eine Frage, die Sie in jedem Gespräch stellen?

Die wichtigste Frage ist, was die Kundin oder der Kunde möchte. Es gibt Mandanten, die in einer Großstadt leben und dort ein weiteres Objekt suchen, weil sie sich da gut auskennen. Andere suchen bewusst in einem anderen Bundesland, weil sie ihr Risiko breiter streuen möchten. Den dritten ist ein konkretes Objekt angeboten worden – und sie fragen sich, ob sie es kaufen sollen.

Was raten Sie Ihren Kunden in diesen Fällen?

Zunächst ist es wichtig, die Ausgangssituation zu betrachten. Hat der Mandant bereits eine oder mehrere Immobilien im Bestand? Das ist bei Privatkunden, aber auch bei den institutionellen Anlegern, die wir betreuen, regelmäßig der Fall. Wenn ja, sollte man eine Analyse des Gesamtvermögens und des existierenden Immobilienbestands durchführen. Erst danach konzentrieren wir uns auf die neue Immobilie, wie diese zum Portfolio passt und welche Auswirkungen das neue Investment auf die Vermögensstruktur, Liquidität und nicht zuletzt auch auf die Steuersituation hat.

Auf welche Punkte achten Sie hier?

Das ist ein ganzer Fragenkatalog. Es geht um die Makro- und die Mikrolage – und danach um ganz viele weitere Fragen. Etwa zum Zustand des Objekts, zu Alter, Instandhaltungszustand, Laufzeiten der Mietverträge, die Energieeffizienz und gegebenenfalls Ausbaureserven. Entscheidend sind auch viele weitere Faktoren, wie etwa der Kaufpreis und die angestrebte Rendite.

Also was der Kunde bereit ist zu investieren und welche Rendite sie oder er erzielen möchte?

Richtig. Zur Berechnung der Anfangsrendite gibt es eine Faustregel. Teilen Sie einfach die Jahresmiete durch den Kaufpreis. Diese Rendite sollten Sie anschließend mit den Marktrenditen ähnlicher Lagen vergleichen. Liegt sie deutlich darüber, ist das nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Dann gibt es meist einen Haken: ein vorhandener Renovierungsbedarf oder andere Probleme.

Der Verkäufer verschenkt also kein Geld, nur weil er nett ist.

Das kommt recht selten vor. Manchen Käufern ist eine hohe Rendite aber auch gar nicht so wichtig. Etwa bei Gewerbeimmobilien in den besten Lagen: in der Frankfurter Goethestraße beispielsweise oder in der Maximilianstraße in München. Mit Blick auf die Rendite macht so ein Kauf eigentlich keinen Sinn, da wäre eine Anlage am Rentenmarkt besser.

In solchen Fällen spielen Emotionen offensichtlich eine größere Rolle als die Renditen…

Emotionen müssen nicht falsch sein. In der Branche gibt es das geflügelte Wort vom „um den Kirchturm herum investieren“. Viele Eigentümer mehrerer Immobilien haben so angefangen: Sie kaufen Objekte in ihrer Heimatgemeinde. Erst eins, dann das zweite und so weiter.

Risikotechnisch scheint mir das nicht die beste Lösung zu sein…

Richtig! Und manchmal kann im Rahmen der vereinbarten Anlagephilosophie ein indirektes Investment – also über einen breitgestreuten Fonds – auch die bessere Lösung sein. Aber es gibt auch viele Gründe, die für solche Investments sprechen. Kurze Wege etwa. Eine extrem gute Kenntnis des Markts. Oder das Renommee vor Ort.

Wir haben bislang vor allem über Wohnimmobilien gesprochen. Aber es gibt ja auch noch andere Nutzungsarten. Worauf sollten Investoren hier achten?

Die Nutzungsart ist ein sehr wichtiger Punkt. Bei einer Wohnimmobilie betrachten wir primär die Ertragsseite, da Wohnungen in der Regel schnell vermietet sind. Bei einem Hotel oder einer Logistikimmobilie sieht das anders aus. Da besteht ein höheres Risiko, etwa durch eine mögliche Insolvenz des Mieters beziehungsweise Betreibers. Die Art der Mieterschaft ist also entscheidend, auch mit Blick auf die Zukunft.

Wie wichtig ist der langfristige Blick beim Immobilienkauf?

Extrem wichtig. Viele unterschätzen, dass eine Immobilie nicht automatisch im Wert steigt. Man muss laufend investieren oder zumindest Rücklagen bilden, um für alles gewappnet zu sein. Und selbst wenn Ihr Zeithorizont nur zehn Jahre beträgt, weil Sie die Immobilie dann wieder verkaufen möchten, sollten Sie auf die kommenden 20 oder 30 Jahre schauen.

Warum denn?

Denken Sie zum Beispiel an eine Büroimmobilie. Aktuell ist das Objekt vielleicht in einer guten Lage, die für die Mitarbeiter attraktiv ist. Aber in zehn Jahren kann sich viel ändern. Und die Immobilie muss auch dann noch so interessant sein, dass ein Käufer sie haben möchte.

Wenn da in zehn Jahren keiner leben und/oder arbeiten möchte, habe ich ein Problem.

Sie sollten einschätzen, ob es in Zukunft einen Markt für diese Art von Immobilie geben wird. Dabei hilft es, den gesellschaftlichen Wandel im Blick zu haben und die langfristigen Trends und möglichen Veränderungen in der Nutzung einer Immobilie zu antizipieren. Wie werden sich Demografie und Arbeitsweisen entwickeln? Das beeinflusst massiv die Nachfrage nach verschiedenen Immobilientypen.

Worauf sollte ich da achten?

Bei Wohnimmobilien schauen wir auf die Bevölkerungsprognose, wobei auch die Bezahlbarkeit der Mieten eine wichtige Rolle spielt. Und es liegt auf der Hand, dass die Prognosen – und die Preise – in einem attraktiven Ballungszentrum andere sind als in strukturschwachen Lagen.

Und wenn ich dann endlich etwas gefunden habe?

Dann gibt es immer noch viele Fragen. Etwa: Wie soll die Immobilie verwaltet werden? Kann das Ihr Hausverwalter, auch wenn es die erste Logistikimmobilie ist, die er betreuen würde? Vielleicht ist dann doch eine weitere Wohnimmobilie sinnvoller?

Ich sehe schon, ich lasse mich besser von Ihnen beraten.

(lacht) Immer gerne. Das Wichtigste ist: Nehmen Sie sich Zeit für die Entscheidung und holen Sie sich Expertenrat. Ein Immobilienkauf ist eine langfristige und kapitalintensive Investition. Gründliche Planung und fundiertes Know-how sind unerlässlich, um Fehlentscheidungen zu vermeiden. Immobilien sind einzigartig – die Lage spielt für die Einschätzung eine entscheidende Rolle, also hatten Sie mit Ihrem „Lage, Lage, Lage“ schon Recht – allerdings gibt es keine Pauschallösungen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bitte beachten Sie:
Die Vermögensanlage an den Kapitalmärkten ist mit Risiken verbunden und kann im Extremfall zum Verlust des gesamten eingesetzten Kapitals führen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die Wertentwicklung in der Zukunft. Auch Prognosen haben keine verlässliche Aussagekraft für künftige Wertentwicklungen. Die Darstellung ist keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Alle Inhalte auf unserer Webseite dienen lediglich der Information.

langosch_christian_portrait
Christian Langosch
Partner | Co-Leiter Immobilien
HQ Trust
Christian Langosch arbeitet seit dem Jahr 2020 als Co-Leiter Immobilien bei HQ Trust. Er berät private und institutionelle Kunden beim Aufbau eines Immobilienportfolios. Der Diplom-Betriebswirt (FH) ist Immobilienökonom sowie Professional Member of the Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) und verfügt über einen Executive Master in Real Estate von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht. Christian Langosch verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Finanz- und Immobilienbranche.