Was macht ein Family Office eigentlich genau? Wo liegt der Unterschied zwischen einem Single- und einem Multi Family Office? Ab welchem Vermögen sind sie sinnvoll? HQ Trust-Geschäftsführer Christian Stadtmüller beantwortet die wichtigsten Fragen und spricht zudem über typische Kunden, alternative Investments – und steile Lernkurven.
Vor kurzem sind gleich mehrere Wealth-Reports veröffentlicht worden, die eins gemeinsam haben: Sie erwarten ein kräftiges Wachstum im Bereich der Family Offices. Was macht ein Family Office eigentlich genau, Herr Stadtmüller?
Lassen Sie mich kurz mit einer Definition beginnen, denn es gibt zwei Arten von Family Offices: Single Family Offices, die sich um das Vermögen einer Familie kümmern und Multi Family Offices, die viele Familien, Einzelpersonen und Stiftungen betreuen. In beiden Fällen ist die Kernaufgabe aber die gleiche: ein bestehendes Vermögen über Generationen hinweg zu erhalten. Und das nach Steuern, Kosten und Inflation.
Wie geht ein Family Office dabei vor?
In aller Regel beginnt die Zusammenarbeit mit einer systematischen Erfassung aller Vermögenswerte. Anschließend geht es darum, das Vermögen zu strukturieren und eine langfristige Idee zu implementieren. Dazu gehört auch, dass wir im Lauf der Zeit immer wieder flankierend an der Seite stehen, beraten und auch moderieren.
Das dürfte bei großen Familien mit vermutlich recht unterschiedlichen Wünschen und Zielen eher eine Mammut- als eine Kernaufgabe sein…
(lacht) Das kann durchaus vorkommen. Häufig sind unsere Kunden Familien mit einem unternehmerischen Hintergrund in erster, zweiter oder dritter Generation, Wir betreuen aber auch sehr viele Stiftungen. Dazu kommen institutionelle Kunden wie Versorgungswerke oder Pensionskassen. Das ist ein sehr breites Spektrum. Am Ende geht es aber in allen Fällen um die Risikotragfähigkeit und die Ziele, die die Mandanten erreichen möchte. Zu den Fragen, die wir in jedem Erstgespräch stellen, gehört daher immer: Welches Risiko sind Sie bereit einzugehen, um Ihre Ziele zu erreichen? Die Wege, um diese Ziele anschließend zu erreichen, können unterschiedlich sein.
Dann sagt das Family Office dem Kunden nicht: Du musst in A, B oder C investieren?
Nur bedingt. Wir zeigen die Möglichkeiten auf und helfen beim Abwägen, welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Optionen aufweisen.
Ein Family Office kümmert sich aber nicht nur um Anlagethemen, oder?
Genau, das Spektrum ist viel größer. Wir stehen regelmäßig mit unseren Kundinnen und Kunden im Austausch, weil wir uns auch um viele andere Fragestellungen rund um ein Vermögen kümmern. Das können etwa Steuerfragen sein oder Fragen zu Jahresabschlüssen. Vielleicht will der Mandant die Bankverbindung überdenken oder wir diskutieren über eine neue Anlageklasse. Vielleicht möchten sie oder er wissen, wie sich das Vermögen im vergangenen Quartal entwickelt hat oder wir blicken auf die zukünftige Entwicklung der Kapitalmärkte. Unsere Mandantschaft ist sehr unterschiedlich; die Betreuungssituation ist sehr individuell und auch intensiv.
Was machen Family Offices denn anders als andere Anleger?
Eine ganz wichtiger Punkt ist die Risikodiversifikation. Sie hilft in der langen Perspektive am besten, die angestrebten Ziele zu erreichen. Denn es genügt nicht immer, nur auf Aktien, Renten und Cash zu setzen. Dazu ein Beispiel: Auch bei uns sind Anleihen immer ein Teil der strategischen Allokation, weil sie diversifizieren und Risiken minimieren. Wir setzen aber zusätzlich oft auf Alternativen zu Anleihen wie etwa defensive Hedgefonds-Strategien. Oder Private Debt.
Also auf Alternative Anlageklassen…
Richtig. Dazu zählen bei uns auch noch Infrastruktur, Immobilien und Private Equity. Letzteres war schon immer eine Anlageklasse, bei der das Mehr an Rendite unter anderem dadurch entsteht, dass das Management aktiv eingreifen und Mehrwert generieren kann – und das ist anders als bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft. Die wirklich guten Private Equity-Gesellschaften haben daher auch spezialisierte Managementteams, die in den Unternehmen unterwegs sind, Skaleneffekte schaffen und andere Märkte erschließen.
Und zu den wirklich guten Gesellschaften bekommt man nicht so einfach Zugang?
Es gibt im Bereich der alternativen Anlagen Manager, die sich in den letzten Jahren in gewissen Bereichen hervorgetan haben. Die sind natürlich stark nachgefragt. Zu ihnen habe ich als Normalsterblicher keinen Zugang. Ein Multi Family Office ermöglicht den Zugang dadurch, dass man Investitionen von Mandanten bündelt und eine langjährige Beziehung zu den herausragenden Managementteams aufbaut.
Wann sollte ich mich für ein Single und wann für ein Multi Family Office entscheiden?
Beides kann seine Vorteile haben. Natürlich benötigen Sie einen gewissen Vermögensstock, um sich die Kosten eines Single Family Office leisten zu können. Wenn Sie zwölf Leute einstellen, die alles ganz individuell für Sie machen, kosten die natürlich eine ganze Menge Geld. Wenn sich das am Ende noch für Sie lohnen soll, muss der Nenner relativ groß sein.
Ich verstehe… da geht es vermutlich schnell um dreistellige Millionenbeträge.
Wir sind als Multi Family Office vielleicht nicht ganz so individuell wie ein Single Family Office, bei dem Sie quasi rund um die Uhr direkt Zugriff auf das komplette Personal haben. Aber deutlich individueller als eine Bank beispielsweise. Und natürlich benötigen Sie auch bei uns einen gewissen Vermögensstock, wobei dessen Höhe davon abhängt, mit welchem Wunsch Sie an uns herantreten. Wenn Sie Ihr komplettes Vermögen veranlagt haben möchten und das auch gerne in der ganz großen Breite tun möchten, also inklusive alternativer Anlageklassen – dann reden wir schon von Summen um die zehn Millionen Euro sein. Das hat ganz häufig auch regulatorische Hintergründe.
Welchen Unterschied gibt es noch zwischen Single- und Multi Family Offices?
Ein wichtiger Punkt ist das Knowhow: Ein Haus wie HQ Trust, das rund 130 Familien und Stiftungen betreut, kann sagen, was die Familien bewegt. Was ihre Ansprüche sind und in welchen Bereichen man sich entwickeln sollte. Und das Thema Fehlervermeidung spielt eine große Rolle. Da haben wir einen großen Erfahrungsschatz. Wenn Sie im Finanzbereich als Fachfremder starten, haben Sie oftmals eine ganz steile Lernkurve. Um es mal positiv zu formulieren.
(lacht) Vielen Dank für das Gespräch.
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