Zu unangenehm, zu aufwendig, zu teuer: Die Erstellung eines Testaments ist ein Thema, das viele Menschen vor sich herschieben. Am Ende wird es, wenn überhaupt, halbherzig erledigt. Helmut Quast spricht über die acht häufigsten Fehler, die bei der Testamentserstellung gemacht werden. Der Family Officer erklärt, wie unerwünschte Folgen vermieden werden können.

Natürlich gibt es angenehmere Themen als sich mit dem eigenen Ableben zu befassen. Es ist also höchst menschlich, die Erstellung eines Testaments – und die damit einhergehenden Gespräche mit Fachleuten, aber auch den Erben – vor sich herzuschieben. „Zum einen habe ich nicht vor zu sterben – und dann gibt es ja auch noch eine gesetzliche Regelung“, ist eine Aussage, die ich als Family Officer immer wieder höre.

Mit beidem hat die Unternehmerin oder der Unternehmer natürlich recht. In der Theorie kann die gesetzliche Regelung ausreichen, und in einigen Konstellationen gibt es unter den Erben auch keinen Streit. In der Praxis sieht das gewöhnlich ganz anders aus. Da gilt immer wieder das Sprichwort von der Erbengemeinschaft, die sich zu einer „Ärgergemeinschaft“ entwickelt. Das geht ganz schnell: Schließlich kann jeder wegen des Einstimmigkeitsprinzips, selbst wenn er oder sie nur einen Bruchteil erben, alle Entscheidungen blockieren.

Hier kommen acht Gründe, die dazu anregen sollten, auch bei diesem speziellen Thema Verantwortung zu übernehmen – und es nicht halbherzig anzugehen, sondern gleich richtig zu machen.

1. Fehler: Fehlende Aktualisierung

Wenn ich einen Mandanten darauf anspreche, wann er sein Testament zuletzt überarbeitet hat, lautet die häufigste Antwort: „Vor kurzem.“ Die Frage nach dem konkreten Datum führt dann allerdings immer wieder zu einem überraschenden Ergebnis: „Das ist ja schon mehr als zehn Jahre her. Und seitdem hat sich in meinem Leben einiges verändert.“

Die mangelnde Aktualisierung des Testaments ist ein häufiges Versäumnis: Viele Menschen erstellen ein Testament und glauben, dass die Regelungen für immer passend bleiben; unabhängig von der rechtlichen Gültigkeit. Dem ist aber nicht so, da der Gesetzgeber rührig ist und sich viele Dinge dynamisch verändern. Sie unterschätzen den Bedarf etwas zu aktualisieren. Daher sollten Testamente regelmäßig, idealerweise alle zwei Jahre, überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Veränderungen in der familiären, finanziellen oder auch steuerlichen Situation können schließlich dazu führen, dass das Testament nicht mehr den aktuellen Wünschen und Erfordernissen entspricht.

Vermögende sollten sich einen Termin in den Kalender eintragen, um die Aktualisierung nicht zu vergessen. Eine clevere Möglichkeit ist der zweijährliche TÜV-Termin: Wenn ich beim TÜV war, werfe ich auch einen Blick in mein Testament. Quasi der Testaments-TÜV.

2. Fehler: Keine Kommunikation mit den Erben

Spreche ich mit Unternehmern darüber, wie ihr Erbe einmal aufgeteilt werden soll, haben viele klare Vorstellungen: „Mein Sohn soll das Unternehmen bekommen, meine Tochter die Immobilien.“ Allerdings haben die beiden Kinder zum Teil ganz andere Ideen. Die Tochter möchte das Unternehmen weiterführen, der Sohn bevorzugt Cash.

Fehlende oder unzureichende Kommunikation mit den bedachten Erben kann zu Missverständnissen und Konflikten führen, insbesondere wenn die Vorstellungen über die Verteilung des Vermögens der beteiligten Personen nicht übereinstimmen. Auch wenn es kein schönes Thema ist: Hier hilft nur der persönliche Austausch und man sollte den potenziellen Erben auch zutrauen, dass diese gute Ideen und Vorstellungen von einer gelungenen Nachfolgeregelung haben.

3. Fehler: Unzureichende Einhaltung rechtlicher Anforderungen

Selbst wenn es nicht perfekt ist, ist ein Testament mit kleinen Fehlern immer noch besser als gar keine Regelung zu treffen. Rund um die Vorgaben gibt es allerdings immer Verwirrung und falsche Einschätzungen: Muss es handschriftlich sein? Wie sehen Formvorschriften überhaupt aus? Kann ein gültiges Testament nur durch einen Notar erstellt werden. Reicht gegebenenfalls ein Entwurf von ChatGPT? Viele Fragen, unklare oder fehlende Antworten.

Zunächst ist festzustellen, dass ein Testament auch dann gültig ist, wenn es „nur“ handschriftlich verfasst wird und dabei bestimmte grundlegende Anforderungen erfüllt: Datum, Name, Ort und Unterschrift müssen vorhanden sein. Dazu kommt eine Bezeichnung wie „Testament“ oder „Letzter Wille“. Für eine formelle Gültigkeit ist das ausreichend. Dennoch ist es gerate bei komplexen Vermögen ratsam, zumindest einen Notar hinzuzuziehen, um sicherzustellen, dass das Testament rechtlich unantastbar ist. Um es wirklich perfekt zu machen, ist aber sicherlich die Hinzuziehung eines versierten Steuerberaters mindestens genauso wichtig.

4. Fehler: Ignorieren von Pflichtteilen

Immer wieder werden bei der Erstellung eines Testaments Personen bewusst weggelassen: „Mit meinem Bruder möchte ich nichts mehr zu tun haben.“ Oder: „Es gibt da noch ein Kind aus einer früheren Beziehung. Das wird schon nicht herauskommen.“

Wird es! Ein häufiger Fehler besteht darin, Kinder aus vorherigen Beziehungen oder andere Angehörige einfach wegzulassen. Dies kann zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Es ist wichtig zu beachten, dass Pflichtteile gesetzlich festgelegt sind und nicht ignoriert werden können. Ein besserer Ansatz ist es, diese Personen in die Planung einzubeziehen oder klare Regelungen zu treffen. Für die Erben ist das zeit- und nervenschonender – und häufig auch günstiger. Wichtig ist, diese Themen aktiv anzugehen und die passende Lösung mit allen Beteiligten zu entwickeln. Bisher haben wir noch jede Herausforderung in der Nachfolge gemeistert.

5. Fehler: Mangelnde Berücksichtigung internationaler Aspekte

Wenn ich Mandanten auf internationale Aspekte ihres Vermögens anspreche, kommt immer wieder heraus, dass es keine oder unzureichende Regelungen gibt. An das Chalet in der Schweiz oder das Ferienhaus in Kalifornien wird zum Teil noch gedacht. Was viele jedoch vergessen, sind die steuerlichen und auch erbrechtlichen Folgen eines im Ausland lebenden Angehörigen. Noch weniger bekannt sind die Auswirkungen eines dauerhaften Aufenthaltes oder Wohnsitzes im Ausland. Hier ist häufig besonderer Beratungsbedarf festzustellen.

Für Personen mit internationalen Vermögensverhältnissen oder einem Auslandsbezug kann es entscheidend sein, auch internationale Erbschaftsregelungen zu berücksichtigen. Ein Testament sollte klar regeln, nach welchem Recht vererbt wird – und darauf geachtet werden, welche steuerlichen Konsequenzen dies hat.

6. Fehler: Falscher Aufbewahrungsort des Testaments

Auf meine Frage nach dem Aufbewahrungsort des Testaments bekomme ich immer wieder überraschende Antworten: „im Schreibtisch“ etwa. Oder „im Tresor“. Wenn sichergestellt ist, dass das Schriftstück zeitnah gefunden wird – und der „Finder“ es auch weiterreicht, kann das eine gute Lösung sein.

Wir empfehlen allerdings, das Testament in ein Bankschließfach zu legen. Schließlich ist die Bank verpflichtet, das Schließfach nach dem Todesfall zu öffnen und den Inhalt zu dokumentieren. Oft verwahren wir als Family Office zudem eine Kopie des Testaments. zusammen mit einem Hinweis, wo sich das Original befindet. Eine weitere beglaubigte Kopie befindet sich oft zu Hause im Tresor.

Natürlich ist der Aufwand in diesem Fall etwas größer als bei der Schreibtischschublade. Aber dafür ist immer die gültige Fassung da – und sie wird auch gefunden und beachtet.

7. Fehler: Lückenhafte Bestandsaufnahme

Regelmäßig werde ich von Mandanten gebeten, einen Blick auf ihr bestehendes Testament zu werfen. Dabei stoße ich immer wieder auf Lücken: Mal wurden Beteiligungen nicht aufgeführt, mal fehlen die Ferienimmobilien.

Die Durchführung einer umfassenden Bestandsaufnahme des Vermögens kostet Zeit und erfordert einen guten Überblick über das komplette Vermögen. Ein unvollständiges Bild der Vermögensverhältnisse kann allerdings dazu führen, dass wichtige Aspekte im Testament nicht berücksichtigt werden. Eine detaillierte Übersicht über Immobilien, Bankkonten und Unternehmensanteile ist hier unerlässlich – hier kann der Family Officer gerne helfen, da dieser über das bestehende Gesamtvermögens-Reporting ohnehin Einblick in die Vermögensverhältnisse hat und normalerweise auch die gesamte Familie kennt.

8. Fehler: Einseitiger Fokus bei Erstellung des Testaments

Wer ist der richtige Ansprechpartner rund um ein Testament? Als Family Officer muss meine Antwort hier natürlich lauten: der Family Officer! Aber natürlich gibt es viele Anlaufstellen, bei denen gute Testamente erstellt werden können.

Dennoch sollte gewährleistet sein, dass alle Aspekte beleuchtet werden und es keine einseitige Betrachtung des Themas gibt, die sich beispielsweise auf juristische Punkte konzentriert und dabei steuerliche Aspekte außen vorlässt. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass sie durch geschickte – natürlich legale – Regelungen zum Teil erheblich Steuern sparen können. Freibeträge und begünstigtes Vermögen sollten in die Planung einfließen, um die steuerlichen Belastungen für die Erben zu reduzieren.

Fazit

Insgesamt zeigt sich: Ein Testament zu erstellen, ist allemal besser als gar keines zu haben. Es muss nicht umfangreich sein; wichtig ist vor allem die Klarheit und Rechtsgültigkeit der Regelungen. Um Stress und Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden, sollten alle Beteiligten Verantwortung übernehmen und sich rechtzeitig mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzen.

Denn viele Menschen gehen davon aus, dass zwischen Geschwistern oder anderen Verwandten Einigkeit besteht und Konflikte ausgeschlossen sind. Doch Geldangelegenheiten können selbst enge Beziehungen belasten. Ein durchdachtes Testament kann helfen, potenzielle Konflikte im Voraus zu entschärfen:

Von daher: Ja, die Erstellung eines Testaments kostet Geld. Und sie kostet Zeit. Aber beides ist gut investiert.

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Helmut Quast
Managing Partner | Kundenberater
HQ Trust
Helmut Quast ist seit 2015 für HQ Trust in Düsseldorf tätig. Als Managing Partner ist er für die Betreuung und umfassende Beratung von Unternehmerfamilien mit komplexen Vermögen verantwortlich. Schwerpunkte der Tätigkeit von Helmut Quast sind die strategische Vermögens- und Nachfolgeplanung, die Entwicklung von Vermögensstrategien und das Vermögenscontrolling.