Zuletzt lagen die Verbraucherpreise unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Zu Beginn des neuen Jahres dürfte sich die Inflationsentwicklung aber umkehren, sagt Dr. Michael Heise. Der Chefökonom von HQ Trust rechnet damit, dass die Verbraucherpreise aufgrund der wieder erhöhten Mehrwertsteuer und des Klimapaket zulegen.

Nach den vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts lagen die Verbraucherpreise im November um 0,3% dem Niveau des Vorjahresmonats. Damit bewegt sich die Inflationsrate seit nunmehr fünf Monaten knapp unter der Nulllinie. Spürbar unter dem Vorjahresniveau liegende Energiepreise und ein merklich gedrücktes Inflationsniveau des Kernindex (VPI ohne Energie) der Verbraucherpreise prägen diese Entwicklung.

Grundlegende Änderungen wird es vermutlich auch im Dezember nicht geben. Die anhaltenden Corona-Beschränkungen könnten aber zu weiteren Verlagerungen der Nachfrage von Dienstleistungen zu Waren führen, so dass sich Dienstleistungspreise schwach entwickeln, während Waren teurer werden.

Anfang 2021 dürfte die Inflation wieder zulegen

Spätestens mit Beginn des neuen Jahres dürfte sich die Inflationsentwicklung aber umkehren. Ein maßgeblicher Effekt wird dabei von der Wiederanhebung der seit Juli dieses Jahres abgesenkten Mehrwertsteuersätze ausgehen. Der Mehrwertsteuersatz für voll belastete Güter wird wieder auf 19% steigen bzw. auf 7% für Güter mit ermäßigtem Steuersatz.

Im Vorfeld der Mehrwertsteuersenkung hatte das Statistische Bundesamt den Mehrwertsteuereffekt beim Verbraucherpreisindex unter der Annahme vollständiger Weitergabe an die Verbraucher auf 1,6 Prozentpunkte veranschlagt. Verschiedene Abschätzungen auf Basis der seit Juli eingetretenen Preisentwicklung deuten aber darauf hin, dass mindestens die Hälfte der Mehrwertsteuersenkung weitergegeben wurde, wobei in den Supermärkten nach Untersuchungen des ifo-Instituts wohl eine vollständige Weitergabe stattgefunden hat.

Diejenigen Bereiche, die die Mehrwertsteuersenkung voll weitergegeben haben, werden sie nun auch wieder voll auf gegebene Nettopreise aufschlagen. In Branchen, in denen die Nettopreise mit der Absenkung der Mehrwertsteuer erhöht wurden, ist wahrscheinlich nicht mit stärkeren Absenkungen zu rechnen, denn viele Betriebe werden versuchen, die höheren Kosten für die Einhaltung von Corona Vorschriften zumindest teilweise zu kompensieren. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Verbraucherpreise im Januar allein aufgrund der wieder erhöhten Mehrwertsteuer im Vormonatsvergleich um mindestens 1 % steigen werden.

Sondereffekte auf die Verbraucherpreisentwicklung werden wirksam

Überdies werden weitere durch wirtschaftspolitische Maßnahmen induzierte Sondereffekte auf die Verbraucherpreisentwicklung wirksam. Auf der Grundlage des Ende 2019 beschlossenen Klimapakets wird im kommenden Jahr der bundesweite Emissionshandel zur CO2-Bepreisung im Bereich Verkehr und Wärme eingeführt. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Energiekomponente des Verbraucherpreisindex, da die Preise für Kraftstoffe und Haushaltsenergie (Heizöl, Erdgas) steigen. Zur Entlastung der Haushalte ist zwar eine Absenkung der Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage (EEG-Umlage) von derzeit 6,756 Cent je Kilowattstunde ab Januar 2021 auf zunächst 6,5 ct/kWh vorgesehen. Per saldo dürften diese Maßnahmen aber direkt zu einem Anstieg der Inflationsrate um schätzungsweise 0,4-0,5 Prozentpunkte führen. Alles in allem könnte es aufgrund der wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu Beginn des kommenden Jahres zu einem Anstieg des Verbraucherpreisindex in einer Größenordnung von saisonbereinigt 1,4%-1,5% im Monatsvergleich kommen. Ihr entsprechendes Vorjahresniveau dürften die Verbraucherpreise dann wieder um rund 1,2% übersteigen.

Die Reaktion der Kapitalmärkte sollte moderat ausfallen

Mit einem moderaten Preisauftrieb im weiteren Verlauf des Jahres könnten die Verbraucherpreise in der zweiten Jahreshälfte ihren Vorjahresstand um gut 2,75% überschreiten. Für das Gesamtjahr 2021 dürfte sich die Inflationsrate auf 2,2% belaufen. Bei dieser Rechnung ist unterstellt, dass der Ölpreis im Verlauf des kommenden Jahres von seinem derzeitigen Niveau von 48 USD/Barrel (Brent) wieder auf den Wert vom Februar 2020 steigt.

Da es sich bei der Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer und bei der höheren CO2-Abgabe um Preisniveaueffekte und nicht um jährlich wiederkehrende Änderungen handelt, dürfte die Reaktion der Kapitalmärkte auf den Inflationsanstieg in Deutschland moderat ausfallen. Die Anleiherendite dürfte sich aus dem tief negativen Bereich etwas erhöhen, aber wohl auch am Ende des Jahres 2021 in etwa auf der Nullachse liegen. Stärkeren Erhöhungstendenzen würde sich die EZB aller Voraussicht nach entgegenstellen.

Zu HQ Trust

HQ Trust ist das Multi Family Office der Familie Harald Quandt. Wir kümmern uns um das Vermögen von Privatpersonen, Familien, Stiftungen und institutionellen Anlegern. Unser Team bietet Dienstleistungen in den Bereichen Family Office, Private Vermögensverwaltung, Alternative Investments und Beratungsdienstleistungen für institutionelle Anleger.

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Dr. Michael Heise
Chefökonom
HQ Trust
Dr. Michael Heise ist Chefökonom von HQ Trust. Er zählt zu den bekanntesten Volkswirten des deutschsprachigen Raumes. Vor seinem Start bei HQ Trust war er Leiter des Group Centers Economic Research der Allianz SE sowie Generalsekretär des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Dr. Michael Heise lehrt als Honorarprofessor an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er ist Mitglied in diversen hochrangigen Ausschüssen und des Planungsstabes des House of Finance.
Inhaltsverzeichnis
  1. Anfang 2021 dürfte die Inflation wieder zulegen
  2. Sondereffekte auf die Verbraucherpreisentwicklung werden wirksam
  3. Die Reaktion der Kapitalmärkte sollte moderat ausfallen